Was mich antreibt und motiviert im lokalen Klimaschutz aktiv zu sein
Ohnmacht! Alles begann mit einem Gefühl der Ohnmacht. Hier brennen Waldflächen in der Größe von Bundesländern, dort schwemmen Wassermassen die Lebensgrundlage hunderter Menschen weg und andernorts breiten sich Wüsten aus, dass der Anbau von Nahrungsmitteln unmöglich wird.
Gleichzeitig werden hier neue Kohlekraftwerke und dort neue Autobahnen gebaut. Ursache und Auswirkungen der Klimakatastrophe sind durch physikalische Gesetze, aber auch durch politische, soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten so unübersichtlich miteinander verwoben, dass kein Einzelner mehr durchblicken kann.
Das kann frustrierend sein. Es kann ärgerlich und beängstigend sein. Wie sollen wir uns jemals durch dieses Netz von Abhängigkeiten und Undurchsichtigkeiten kämpfen? Die Antwort ist gar nicht so schwer: Durch lokales, demokratisches Handeln! Wir müssen uns nicht größer machen als wir sind. Wir müssen und können das Klima nicht alleine retten. Es reicht, wenn wir das tun, was wir selbst erreichen können.
In meiner Heimatstadt Bietigheim-Bissingen, mit rund 42.000 Einwohner:innen, ist dies nun geschehen und wird weiter geschehen. Es wurde ein Bürgerbegehren initiiert, das die Stadt zwingt, ihren Klimaaktionsplan so anzupassen, dass Bietigheim-Bissingen bis 2035 klimaneutral sein kann. Dafür wurden 2.900 Unterschriften von Bürger:innen gesammelt. Das sind mehr als 7% der Wahlberechtigten, womit die gesetzlichen Anforderungen erfüllt wurden. Damit blieben dem Gemeinderat zwei Optionen: Entweder die Frage „Klimaneutralität 2035?“ in Form eines Bürgerentscheids zurück an das Volk zu geben oder sich die Sache zu eigen machen. Einen Entscheid wollte der Rat vermeiden, daher geschah zweiteres. Nun muss die Kommunalpolitik in Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern dafür sorgen, dass die Klimaneutralität bis 2035 erreicht werden kann.
Was daran inspirierend war? Es waren nur etwa 15 Aktive, die sich zusammengetan haben. Alle 15 haben nur so viel beigetragen, wie sie konnten, aber alle waren bereit, immer wieder Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen. Und: alle hatten Spaß dabei! So entwickelte sich ein Sog, der am Ende nicht mehr aufzuhalten war.
Die Aktion hat uns in der Kommunalpolitik Respekt verschafft. Wir haben Druck gemacht und forderten Handeln ein. Die Politiker:innen ließen das nicht lange auf sich sitzen und gaben den Druck zurück. Sie sagten: Helft uns, macht Vorschläge, wie wir das Ziel erreichen können. Das werden wir tun, unsere Motivation ist noch nicht erschöpft.
Die Kombination aus sinnvoller Arbeit, dem Gefühl, eigene Ideen einbringen zu können und Mitglied eines motivierten und unermüdlichen Teams zu sein, ist das, was mich antreibt und was mich glücklich macht. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung, denn es macht aus dem Gefühl der Ohnmacht schnell ein Gefühl der Stärke.
Die Arbeit ist noch nicht erledigt, aber wir wissen jetzt, dass Engagement sich lohnt und Veränderung hervorruft. Wenn also auch Du aktiv werden möchtest, dann tu es! Gerne auch in unserer Initiative.
Michael Straub für Bietigheim-Bissingen klimaneutral